„Die REGIONALE bietet die Möglichkeit, innovative Lösungen zur Nutzung regionaler Ressourcen zu erarbeiten“

Michael Narodoslawsky
Dr. Michael Narodoslawsky ist Mitglied des Fachbeirats der REGIONALE 2025 Agentur. Fotonachweis: privat

Dr. Michael Narodoslawsky ist Professor i.R. für Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Graz und Mitglied des Fachbeirats der REGIONALE 2025 Agentur. Sein Schwerpunkt liegt auf dem systemischen Umgang mit regionalen Ressourcen und regionaler Wertschöpfung. Im Interview spricht er über das Alleinstellungsmerkmal des Bergischen RheinLandes, die Verwertung von Reststoffen und die Notwendigkeit, bestehende Strukturen umzubauen.


Herr Narodoslawsky, als Professor für Verfahrenstechnik i.R an der Technischen Universität Graz haben Sie sich intensiv mit dem effizienten Umgang von regionalen Ressourcen beschäftigt, insbesondere in Deutschland und Österreich. Zudem unterstützen Sie die REGIONALE 2025 Bergisches RheinLand im Fachbeirat und kennen das Bergische RheinLand sehr gut. Ressourcen ist eines der zwei Kernthemen der REGIONALE. Warum ist dieses Thema für den Raum so wichtig und weshalb ist es richtig, es im Rahmen der REGIONALE zu fokussieren?
Wir erleben gerade eine epochale Zeitenwende: Der Klimawandel und der rasante Preisanstieg fossiler Ressourcen ausgelöst durch die russische Aggression in der Ukraine verlangen eine Neuorientierung der Ressourcenbasis unserer Gesellschaft. Das Stichwort dafür heißt erneuerbare Ressourcen. Das ist die Ressourcenform, die einerseits klimafit ist und andererseits die Abhängigkeit von unsicheren und autokratischen Staaten beendet. Diese Ressourcen basieren entweder auf solarer Energie, Erdwärme oder auf dem Recycling von Abfallströmen. All diese Ressourcen zeichnen sich dadurch aus, dass sie dezentrale Ressourcen sind. Damit werden die bisherigen Lieferketten und Logistiksysteme, die auf zentrale, leicht transportierbare Ressourcen ausgelegt sind, obsolet. Das bedeutet, dass die bestehende Wirtschaftsstruktur in den nächsten Jahren und Jahrzehnten radikal umgebaut werden muss. Für einen Raum wie das Bergische RheinLand, das einerseits wichtige Industriebetriebe aufweist, andererseits aber auch über eine Fülle erneuerbarer Ressourcen verfügt, ist der richtige Umgang mit diesen Zukunftsressourcen eine entscheidende Frage. Diese Frage ist nicht durch Alleingänge zu lösen, es bedarf eines systemischen und strategischen Vorgehens. Daher ist der Fokus der REGIONALE auf das Thema Ressourcen wichtig und richtig.


Die REGIONALE 2025 setzt konsequent auf eine nachhaltige und kluge Nutzung der hiesigen Ressourcen. Von welchen Ressourcen sprechen wir konkret und welche systemischen Entwicklungen können einen Beitrag leisten, um eine zukunftsgerichtete und klimaschonende Verwertung zu etablieren?
Die überall verfügbaren erneuerbaren Ressourcen sind Sonnenstrahlung, die für Strom und Wärme genutzt werden kann, und Windkraft. Das Bergische RheinLand verfügt aber darüber hinaus über eine große Vielfalt von weiteren Ressourcen, die für seine Zukunft vielleicht noch entscheidender sein können. Dies ist einerseits Biomasse, sowohl aus dem Wald als auch von Grasflächen und Feldern. Andererseits ist das natürlich der Wasserreichtum der Region, der ein Alleinstellungsmerkmal darstellt, das in Zukunft noch wichtiger werden wird. Neben diesen primären Ressourcen sind es aber vor allem die sekundären Ressourcen, die Abfall- und Restströme, die über den Erfolg des Bergischen RheinLandes entscheiden werden. Es geht hier um Ressourcen wie Abwärme aus der Industrie oder von Kläranlagen, Schad- und Restholz aus den Forsten, Ernterückstände und Nebenprodukte und Abfälle aus der Tierhaltung. Die kluge Nutzung dieser Ressourcen macht den Unterschied zwischen erfolgreichen Regionen und Nachzüglern. Die Nutzung gerade dieser Ressourcen bedarf aber regionaler Planung und der Zusammenarbeit vieler Akteure über die engen Grenzen der Sektoren hinweg.


Im Qualifizierungsprozess der REGIONALE 2025 befinden sich aktuell 64 Projekte, 15 davon sind Vorhaben, die sich mit der schonenden und klugen Nutzung von regionalen Ressourcen beschäftigen. Welche Vorhaben sind aus Ihrer Sicht besonders geeignet, um als Vorbild Kreise und Kommunen zu inspirieren, weitere Projekte in die REGIONALE einzubringen?
Innerhalb der REGIONALE sind sicherlich die Projekte :bergische rohstoffschmiede - Hub für zirkuläre Wertschöpfung und Bergische WasserkompetenzRegion :aqualon 2.0 Leuchtturmprojekte, die auch andere Vorhaben inspirieren können. Der Blick über die Grenzen lohnt sich jedoch auch. Im Rahmen des Aktivierungsprozesses wurden bereits Exkursionen durchgeführt, die zu interessanten Standorten geführt haben, die Akteure im Bergischen RheinLand zu ähnlichen Lösungen anregen können. So wurde etwa im Steirischen Vulkanland Mureck besucht, eine Kommune, die sich schon sehr früh mit der Nutzung erneuerbarer Energie auseinandergesetzt hat. Das interessante dort ist das systemische Zusammenspiel unterschiedlicher Technologien, von Biodieselproduktion über Biomasse-Nahwärme, Biogasnutzung zu PV-Anlagen auf Glashäusern zur Gemüseproduktion. Gemeinsam versorgen diese Technologien die Kommune mit Wärme, Strom, Kraftstoff und auch Lebensmitteln. Daneben gibt es sowohl in Deutschland als auch international viele Beispiele, wie etwa die Abwärme aus der Industrie oder aus Kläranlagen genutzt werden kann, aber auch wie aus Abfällen und Nebenprodukten wertvolle Rohstoffe gewonnen werden können. Die Technologien sind vorhanden, was notwendig ist, ist die gute Planung eines regionalen Technologienetzwerkes, das alle vorhandenen Ressourcen optimal nutzt.


Welche Rolle spielt der Aktivierungs- und Transferprozess „Ressourcen“, der aktuell im Rahmen der REGIONALE 2025 durchgeführt wird, um weitere Potenziale im Raum zu heben?
Ich halte diesen Aktivierungsprozess für sehr wichtig. Es geht darum, Akteure zu ermutigen, aktiv zu werden. Sowohl was ihre eigenen Möglichkeiten betrifft, vor allem aber auch im Hinblick auf die Möglichkeiten, die sich durch Zusammenarbeit mit anderen ergeben. Oftmals haben Akteure im Projektraum diese Potenziale nämlich noch nicht vollständig erkannt. Die REGIONALE bietet hier einerseits das Forum, um diese Zusammenarbeit zu initiieren, andererseits einen Rahmen für regionale Lösungen. Gerade in Zeiten des Umbruchs, in denen wir offensichtlich leben, ist es wichtig, teure und frustrierende Fehlentwicklungen zu vermeiden. Der Aktivierungsprozess der REGIONALE bietet die optimale Möglichkeit, Lösungen zur Nutzung regionaler Ressourcen zu erarbeiten, die sich langfristig in die Gesamtentwicklung eines zukunftsfähigen Bergischen RheinLandes einpassen.


Im Rahmen der Zwischenpräsentation findet unter dem Titel „Alles Ressource! Innovative und nachhaltige Aktivierung der Ressourcenlandschaft des Bergischen RheinLandes“ ein Kongress zum Thema Umgang mit regionalen Ressourcen statt. Was erwarten Sie von diesem Format und welche Impulse kann der Kongress für die kommende Phase der REGIONALE setzen?
Ich glaube, dass dieser Kongress vor allem zwei wichtige Resultate haben wird: Einerseits die Erkenntnis bei wichtigen Akteuren, dass nun die Zeit zum Handeln und die Chance auf Erfolg gekommen ist. Andererseits hoffe ich, dass aus diesem Kongress eine Anzahl von innovativen Projektideen hervorgeht, die kooperativ von mehreren Akteuren angegangen werden. Diese sollten im Idealfall zu systemischen Lösungen für die anstehenden großen Herausforderungen der Umstrukturierung der Wirtschaft hin zu einem klimafitten und zukunftsfähigen Bergischen RheinLand auf der Basis regionaler erneuerbarer Ressourcen führen.

Herr Dr. Narodoslawsky, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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